Antrag der Gruppe X                                             für KT 17.10.12

 

Der Kreistag möge beschließen:

 

Neues Endlagersuchverfahren ohne Gorleben –

Vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben sofort abbrechen

 

1.) Der Kreistag fordert vom Gesetzgeber, den Standort Gorleben aus dem Verfahren eines zukünftigen Endlagersuchgesetzes auszuschließen.

 

Begründung:

 

Der Standort Gorleben wurde definitiv nicht auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Auswahlverfahrens, sondern aus politischen Gründen benannt.

Der Kreistag des Landkreises Lüchow-Dannenberg fordert deshalb die Aufgabe des Projektes Gorleben. Er kritisiert scharf Verlängerungen des völlig veralteten Hauptbetriebsplans, da tatsächliche und rechtliche Änderungen keine Berücksichtigung gefunden haben.

Die Tatsache, dass Gorleben nach einem gänzlich anderen, unzureichenden Verfahren ausgewählt wurde als möglicherweise zukünftig benannte Standorte und lediglich nach Bergrecht, ohne Beteiligung der betroffenen Bevölkerung und ohne Kriterienfestlegung erkundet wurde, ist nicht zu heilen, wenn Gorleben „im Topf“ bleibt.

 

2.) Der Kreistag fordert, einem Gesetzgebungsverfahren für ein Endlagersuchgesetz eine öffentliche Atommülldebatte mit einem angemessenen und ausreichenden Zeitrahmen vorzuschalten.

 

Begründung:

 

Die Bereitschaft von Kommunen und Regionen, an einem Standortsuchverfahren teil zu haben und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Transparenz, Fairness und ein sicherheitsgerichtetes Verfahren lassen sich nur erreichen, wenn die interessierte Öffentlichkeit und zivilgesellschaftliche Organisationen in die Problemanalyse und Aufarbeitung von Fehlern und Verantwortlichkeiten der Vergangenheit eingebunden und bereits im Vorfeld an der Entwicklung einer verantwortbaren Lösung beteiligt werden. Die von potentiell Betroffenen formulierten Sicherheitsbedürfnisse und -anforderungen müssen in die Definition von Kriterien mit einfließen.

 

3.) Der Kreistag fordert eine weitreichende Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nur für ein neues gesetzliches Endlagersuchverfahren, sondern bereits bei der Erarbeitung dieses Gesetzes.


 

Begründung:

 

Die interessierte Öffentlichkeit ist dabei nicht nur zu informieren oder in üblichen Anhörungsverfahren des Bundestages anzuhören, sondern angesichts der Dimension des Problems (1 Mio. Jahre) im größtmöglichen Maße einzubinden.

 

4.) Der Kreistag fordert, dass ein Endlagersuch-Gesetz mindestens den Anforderungen standhält, die im Folgenden formuliert und begründet werden:

 

a.) Planfeststellungsverfahren, Verwaltungsrechtliche Überprüfung

Eine verwaltungsrechtliche Überprüfung, ob eine Entscheidung richtig, sorgfältig und nach Stand von Wissenschaft und Technik getroffen wurde, muss möglich sein.

 

Begründung:

 

Bei einem Bundestagsentscheid ohne die rechtliche Überprüfungsmöglichkeit eines Planfeststellungsverfahrens bliebe allein die Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Überprüfung, die sich jedoch nicht auf die inhaltliche Überprüfung des Verfahrens beziehen kann, auf die es ankommt.

Dem deutschen Bundestag lägen nach den bisher bekannt gewordenen Informationen allein die Empfehlungen eines neuen weisungsungebundenen „Endlagerinstitutes“ oder einer vergleichbaren Behörde vor, die ebenfalls der verwaltungsrechtlichen Überprüfung entzogen wären.

 

b.) Feststellung grundlegender Parameter und Kriterien

Ein Endlagersuchgesetz kann erst verabschiedet werden, wenn die wesentlichen Fragen zur Endlagerung (Rückholbarkeit, Bergbarkeit, Behälter- oder Behälterlose Lagerung, geologische Mehrfachbarrieren, usw.), sowie die maßgeblichen Eignungskriterien öffentlich diskutiert und beantwortet sind. Grundlage einer Suche können nicht die "Sicherheitsanforderungen" von 2010 sein

 

Begründung:

 

Das Gesetz kann nicht eine Suche regeln, bei der nicht klar ist, wonach überhaupt gesucht werden soll. Bisherige Grundlage einer Suche können auch nicht die "Sicherheitsanforderungen" von 2010 sein, denn diese sind nicht in Geltung. Darüber hinaus dürfen sie nicht angewendet werden, weil sie seit Jahren sukzessive an die in Gorleben vorgefundenen schlechten geologischen Verhältnisse angepasst und verallgemeinert worden sind. Dies kommt einer Minderung von Sicherheitsanforderungen gleich.

 

c.) Bestmöglicher Standort

Der Kreistag definiert den Begriff „bestmöglich“ als geologisches Kriterium, um eindeutig auszuschließen, dass vorhandene Anlagen oder andere infrastrukturelle Gegebenheiten einbezogenen werden und letztlich in einer gewichteten Auswahlmatrix den Ausschlag geben.


 

Begründung:

 

Im Gesetzestext muss durchgängig klar bleiben, dass es sich bei der Suche nach einem atomaren Endlager zwingend um den bestmöglichen Standort handeln muss. In der Präambel gibt der Gesetzentwurf zwar vor, den "bestmöglichen" Standort zu suchen, im Paragraphen zur Standortentscheidung kommt diese Formulierung jedoch nicht mehr vor.

 

d.) Bezug auf das Atomrecht

 

Begründung:

 

Im Gesetzentwurf wird nicht mehr auf das jeweilige Atomrecht Bezug genommen. Somit ist unklar, auf welcher Rechtsgrundlage der Entwurf steht. Diese muss eindeutig sein.

 

e.) Zuständigkeit der Länder

Der Kreistag fordert die Länder auf, ihre Zuständigkeit zu wahren,.

 

Begründung:

Mit der Übertragung der Zuständigkeit der Bundesländer, bzw. des Bundeslandes, in dem ein Endlager errichtet werden soll, auf den Bund entfällt eine weitere Ebene der Überprüfung von Sorgfalt und Richtigkeit des Verfahrens. Insbesondere Niedersachsen wegen besonderer Betroffenheit und historischer negativer Erfahrungen sollte auf eigener Zuständigkeit beharren.

 

f.) Keine Zuständigkeit für „vorbelastete“ Institutionen und Personen

Die Zuständigkeit für eine neue Standortsuche darf nicht auf Institutionen und Personen übertragen werden, die für das Desaster der Asse und den bisherigen Verlauf der Gorleben-Festlegung und -“erkundung“ mit verantwortlich sind,

 

Begründung:

Vorbelastete Institutionen dürfen nicht zuständig sein; Vertrauens- und Akzeptanzbildung der betroffenen Bevölkerung würden damit unmöglich gemacht. Immerhin haben diese in der Vergangenheit die Asse als Referenzstandort und Prototyp für Gorleben betrachtet. Die Zuständigkeit vorbelasteter Institutionen und Personen wird aber durch das Gesetz nicht geändert. Das damit verbundene Risiko wiederholten Versagens hätte unabsehbare Folgen und muss unter allen Umständen verhindert werden.

 

g) Keine Privatisierungen bzw. Übertragung von Aufgaben in Bezug auf die Endlagerung auf private Dritte.

 

Begründung:

Es ist nicht hinnehmbar, dass ausgerechnet Personen mit Aufgaben wie der Erstellung der Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben (VSG) beauftragt werden, deren Ausrichtung auf die Durchsetzung eines Endlagers in Gorleben bekannt sind (Bsp. Bruno Thomauske, zuletzt auf Symposium in Bonn, Sep 2012).


 

h) Die Einrichtung eines weisungsungebundenen Endlagerinstituts ist nicht zielführend, da Aufgaben, Entscheidungskompetenzen und beteiligte Personen eine Ausrichtung festlegen, die dann nicht mehr zu lenken ist.

 

i) Die „Berücksichtigung privater und öffentlicher Interessen" muss klar definiert werden und darf bereits öffentlich oder privatrechtlich getätigte Investitionen nicht zum positiven Auswahlkriterium machen.

 

Begründung:

 

Im Entwurfstext ist davon die Rede, dass bei der Standortentscheidung "private und öffentliche Interessen" zu berücksichtigen sind. Was eigentlich eine ganz normale und gesetzlich vorgeschriebene Formulierung ist, kann im Fall eines zu findenden Endlagers als Begründung für die Bevorzugung eines eigentlich ungeeigneten Standort missbraucht werden, wenn an Standorten von staatlicher oder privater Seite bereits Fakten geschaffen und Milliarden in Infrastruktur und Anlagen investiert wurden. Vorrang muss ohne jeden Kompromiss die Sicherheit haben. Sie darf nicht von nachrangigen Interessen überlagert werden.

 

j) Der Öffentlichkeit und potentiell betroffenen Regionen sind erheblich weiterreichende Beteiligungsrechte zuzugestehen, mindestens in dem Maße, wie sie der Arbeitskreis Endlager seinerzeit formuliert hatte. Ausgewählten Regionen ist an definierten Stellen ein Veto-Recht einzuräumen.

 

Begründung:

Der Standort Gorleben wurde bisher ohne Öffentlichkeitsbeteiligung ausgewählt und ausgebaut. Der Kreistag Lüchow-Dannenberg hat sich seit 1991 in unzähligen Beschlüssen gegen die Atomanlagen in Gorleben, die Castortransporte und ein Endlager in Gorleben ausgesprochen. Dies wurde bei den politischen Beschlüssen in keiner Weise beachtet. Damit ist zukünftige Vertrauensbildung und Akzeptanz ausgeschlossen.

 

5) Der Kreistag lehnt die Erstellung einer Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben (VSG) ab.

 

Begründung:

 

Die nach wie vor vorangetriebenen Arbeiten an der VSG und die Verlängerung uralter Betriebspläne erwecken den Eindruck eines ungebremsten Weiterbaus des Endlagers Gorleben.